NOtting Hill. Wie angekündigt trafen sich heute Abend zahlreiche Flingeraner, die ihrem Ärger über die kommenden Luxus-Appartements auf der Lindenstraße Luft machen wollten (wir berichteten). Das Protest-Open-Air-Wohnzimmer am Baustellenrand war schnell aus mitgebrachten Möbelstücken errichtet, der WDR kam vorbei, ein Protestler griff zur Gitarre. Ob es hilft? Egal – die Aktion ist wichtig, sagt einer. Ein bisschen wie früher, findet die Frau, die ihren alten Lieblingsstuhl mitgebracht hat. Es nieselt, alle klappen die Kapuzen hoch. Dann schauten sie zusammen noch den Rolf-Schmitz-Notting-Hill-Film und gehen nach Haus (oder in eine Kneipe, was trinken). Die Möbel bleiben zurück: Der Sperrmüll für morgen ist ja bestellt.
Wenn sich doch alle unliebsamen Dinge so bequem entsorgen ließen… Wie bedrohlich ist die Modernisierung des Viertels wirklich? Was ist dran am Kommentar eines Lesers: „Was kann es denn Besseres für die Entwicklung einer Stadt und seiner „erfrischenden-offenen“ Bevölkerung geben, als Weiterentwicklung, Modernisierung, Fortschritt usw.?“
Es darf gern diskutiert werden! Hier auf jeden Fall ein paar Impressionen des Abends, eingefangen von unserem Fotografen Kevin Uertz.
Ergänzung, 16.2.2011: Passend zum Thema berichtet die RP natürlich nicht über die Aktion in Flingern, vermeldet aber in der heutigen Ausgabe steigende Mietpreise: Neubauten kosten im Schnitt 13 Euro den Quadratmeter, eine Steigerung ggüber 2009 um 18 Prozent. In Altbauten ist es ein Anstieg um zehn Prozent auf durchschnittlich 11 Euro den Quadratmeter…
Update 2: Hier der Bericht aus der WDR Lokalzeit
Was ist dran am Kommentar eines Lesers: “Was kann es denn Besseres für die Entwicklung einer Stadt und seiner “erfrischenden-offenen” Bevölkerung geben, als Weiterentwicklung, Modernisierung, Fortschritt usw.?”
So lange Weiterentwicklung und Fortschritt immer noch gleichgesetzt werden mit teurer, größer, schicker gibt es m.E. vieles was für Bevölkerung und Stadt besser wäre als das!!
Für mich wäre es ein Fortschritt wenn sich die Politik (im Rat, Palament usw.) mal gedanken darüber machen würde wie sie den grossen Mangel an bezahlbaren Wohnraum bekämpfen wollen. Wie sie ein lebenswertes Viertel schaffen ohne dass Leute ausgeschlossen und vertrieben werden weil sie sich den Standard nicht mehr leisten könnnen.
Leider geht es gerade in die andere Richtung. Grundstücke werden an den Meistbietenden verkauft. OB Elbers presentiert in Cannes auf der Immo-Messe stolz die neuen Luxuswohnprojekte der Stadt.
Fortschritt? Fortschritt wäre für mich eine soziale Stadt für Alle!
super, der WDR hat ja sogar einen längeren Beitrag darüber gesendet und nicht nur eine knappe Meldung: http://www.youtube.com/watch?v=izCSNktN8hY
Hab´s schon in FB gepostet, hier eine gute Idee aus Berlin zum Thema Milieuschutz:
http://www.berlin.de/ba-friedrichshain-kreuzberg/verwaltung/org/stadterneuerung/mil_01.html
Zitat: Ziel der Erhaltungsverordnung ist es, die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten.
Feine Sache, denke ich. Mit Herrn Elbers machbar??
Allgemein: grundsätzlich ist mir jede und jeder Neu-Flingeraner willkommen, solange andere (nicht so zahlungskräftige) nicht wegziehen müssen. Und was gar nicht geht: größere Wohnungen – bezhlbare wie nicht bezahlbare – für Familien mit Kindern gibt´s kaum noch in Flingern. Es kann nicht sein, dass vermehrt Dinkies (double income, no kids) hier die familiengerechten Wohnungen in Beschlag nehmen.
Endlich mal ein konstruktiver Vorschlag!
Wir hatten ja auch schon eine Veranstaltung mit Andrej Holm organisiert wo es auch um genau so Modelle ging, die auch jetzt schon (auch von der CDU) umgesetzt werden könnten.
„Von Politiker_Innen und vielen Medien wird den Kritiker_Innen der Gentrification oft vorgeworfen, gegen jede Veränderung zu sein und schlechte Wohnverhältnisse konservieren zu wollen. Diese Argumentation ist nichts anderes als die stadtpolitische Variante des neoliberalen TINA – There Is No Alternative. Doch auch im Bereich der Wohnungspolitik gibt es Alternativen zur marktförmigen Verwertungslogik. Inbsondere das Miet- und Städtbaurecht, die Stadtpolitik und öffentliche Wohnungsbaugesellschaften bieten viele Ansatzpunkte für eine soziale Wohnungsversorgung. Sie müssen jedoch politisch gewollt und durchgesetzt werden.“
In Hamburg gibt es jetzt auch eine Interessante Initiative:
„Erfahrungen im Häuserbau zeigen, dass eine Kaltmiete von 4 Euro/qm locker ausreicht, um sowohl die laufenden Instandhaltungskosten neu gebauter Häuser zu decken als auch die Baukosten nach und nach abzutragen, wenn es keine Grundstückskosten gibt.“
„Wir fordern eine allgemeine Mietpreisdeckelung. Diese sollte sich an den tatsächlichen Bau- und Instandhaltungskosten orientieren. Bezahlbar heißt für uns eben nicht, dass es überhaupt jemanden gibt, der sich die entsprechende Wohnung leisten kann, sondern dass Mietpreise so reguliert werden, dass alle überall wohnen können.“
http://mietenwahnsinn.rechtaufstadt.net