Karl-Heinz Krems ist schon da. Bereits von weitem können wir sicher sein, dass der SPD-Politiker im vereinbarten Treffpunkt, dem Café Hüftgold auf uns wartet. Sein Auto, ein unübersehbares, weil wild beklebtes Elektromobil, parkt jedenfalls an der Ecke Ackerstraße-Lindenstraße. Runde Anti-Atomkraft-Aufkleber prangen genauso darauf wie Porträts des Politikers, der zum ersten Mal für den NRW-Landtag kandidiert.

Während so mancher politische Kontrahent sich über die Aktion lustig macht (das Fliwatüt fährt 45km/h Spitze), ist sie für den vor allem umweltpolitisch aktiven Krems nur logisch, will er dem Land doch generell zu einer anderen, umweltbewussteren Verkehrspolitik verhelfen. Bekannt ist er für seinen unermüdlichen Einsatz gegen den Bau der Stadtautobahn L 404n, aber das sei für Vieles nur ein Symbol, sagt er. „Man kann doch nicht planen, den Menschen noch eine Dämmschicht auf ihr Hausdach zu packen und die Verkehrsplanung außen vor lassen“. Der öffentliche Nahverkehr gehöre deutlich ausgebaut, und klar, die Pläne für die Stadtautobahn beerdigt. „Die geplante Strecke läuft in großen Teilen parallel zur S-Bahn, das ist doch Quatsch.“

Die schwarz-gelbe Mehrheit im Rat der Stadt Düsseldorf sei auf dem verkehrspolitischen Auge aber leider blind, sagt Krems, das betreffe auch das Thema Klimaschutz. 20 Prozent der CO2-Emissionen kommen vom Verkehr, allein 13 Prozent vom normalen Straßenverkehr. Dennoch plane die Stadt Düsseldorf einen Zuwachs des PKW- und LKW-Verkehrs, für Bus und Bahn sei dagegen bis 2020 ein Rückgang um 1,9 Prozent vorgesehen. Gegen diese Entwicklung möchte sich Krems engagieren, auch das Land könne hier gestalten.

Krems bestellt erstmal seinen zweiten Milchkaffee, an den verlockenden Kuchen im Café sind wir tapfer vorbei gegangen. Warum die Flingeraner ihr Kreuzchen bei ihm machen sollten? – diese Frage stellen wir natürlich auch Krems, derzeit noch Büroleiter von SPD-Spitzenkandidaten Hannelore Kraft. Die Antwort kommt schnell – und ist anders als die seiner Kontrahenten. Klar, will er sich nicht nur im Bereich Verkehr engagieren, wichtig ist auch das Thema Bildung (die SPD fordert eine „Bildungsoffensive, die bereits im Kindergarten ansetzt, kleinere Klassen, bessere individuelle Förderung) eine moderne Industriepolitik, in der Arbeit einen flächendeckenden Mindestlohn. Auch Krems kritisiert – wie andere Oppositionelle –, dass das Projekt „Soziale Stadt“ nicht weiter geführt wurde. „Das war ein Fehler, zumindest die Stadtteilbüros wie das hier in Flingern hätte man offen lassen sollen.“

Hier und heute im Hüftgold setzt Krems aber nicht auf das Abspulen des Wahlprogramms, er versucht, persönlich zu punkten. „Warum man ihn wählen sollte? Weil ich ein guter Abgeordneter sein werde“, sagt er – ein großes Wort, an dem er sich natürlich messen lassen muss.

Politisch ist Krems jedenfalls kein Anfänger: Begonnen hat der Jurist im Umweltministerium, er war Leiter des „Landesamts für Ernährungswirtschaft und Jagd“ (Anmerk. d. Red.: im heutigen „Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW“ aufgegangen). Seit sieben Jahren leitet der 54- Jährige das Büro von Hannelore Kraft. Jetzt sei es einfach an der Zeit für den nächsten Schritt gewesen, die Arbeit für den Landtag reize ihn sehr.

Ob ihm die Stellung bei der SPD-Chefin bei seinem Weg hilfreich ist? „Nein“, sagt er entschieden, „das glaube ich nicht.“ Daher ist er auch viel unterwegs in den Wahlkampf-Tagen, verteilt Flugblätter vor dem Arbeitsamt oder am S-Bahn-Halt Gerresheim. Oder er lockt die „Chefin“ zum Pressetermin nach Flingern. Die schönen und die (noch) nicht so schönen Seiten im Viertel angucken. Presseträchtige Veranstaltungen, natürlich. Auch Plakate mit seinem Konterfei gibt es reichlich im Viertel. Seine Tochter vermutet längst, dass das so eingefädelt sei, damit die Familie ihren Vater in diesen Tagen überhaupt mal zu Gesicht bekommt.

Karl-Heinz Krems muss weiter. Mit seinem Elektroauto geht es zum Termin auf der Kiefernstraße. Als er rückwärts aus der Parklücke fährt, ertönt ein unüberhörbares Piepen. Das Geräusch kommt uns irgendwie bekannt vor. „Tja, der Hersteller der Mobile baut sonst kommunale Fahrzeuge“, sagt er und grinst ein wenig verlegen. Klar, jetzt wissen wir, woher wir das Geräusch kennen: Von den Müllwagen der Stadtwerke.

Biographisches Karl-Heinz Krems

Geboren 1956,  verheiratet, Tochter. Wohnt in Gerresheim-Süd

Politisch:

Seit sieben Jahren bei der SPD-Landtagsfraktion Büroleiter der Fraktionsvorsitzenden Hannelore Kraft

Neben der Arbeit für die SPD engagiert sich Krems in der Initiative gegen die Stadtautobahn L 404n, außerdem ist er Sprecher der Interessengemeinschaft ‚Gerresheim-Süd verbinden‘.

Beruflich:

Karl-Heinz Krems ist Jurist. Er arbeitete bei einer Bezirksregierung und im Umweltministerium und war Leiter des Landesamtes für Ernährungswirtschaft und Jagd.

Wer mehr wissen will: Hier das Wahlprogramm der NRW-SPD.

Übrigens: Für den nächsten – und vermutlich letzten Kandidaten-Check geht es ins Goldene Fass an der Dorotheen-Straße. Hier treffen wir John Ovali von der Piratenpartei.

Veronika Dübgen, die Kandidatin der FDP hat es bislang nicht geschafft, auf unsere Interview-Anfrage zu antworten.